Mittwoch, 30. März 2016

„No Border – No Nation?" Die Linken und die Nation

Vortrag im Marx-Engels-Zentrum Berlin am 15.01.2016
Gehalten von Andreas Wehr

http://www.andreas-wehr.eu/no-border-no-nation-die-linken-und-die-nation.html

Einer meiner inzwischen 761 „Facebook-Freunde“ fragte mich vor kurzem, ob wir uns 'mal verabreden könnten. Er habe immer mal wieder Texte von mir gelesen und würde mich jetzt auch gerne persönlich kennenlernen. Ich antwortete, dass ich dazu gern bereit sei. Einen Tag darauf kam eine weitere Mail von ihm. Und die möchte ich hier zitieren:

„Kleine Frage an Dich - nur mal kurz vorweggeschickt: Wir sind ja beide der Meinung, dass es im gegebenen Rechtsrahmen mehr Souveränität auf der einzelstaatlichen Ebene (weg von der EU-Ebene) geben sollte. Du sprichst hierbei gerne und dezidiert von der ῾nationalen Souveränität῾ - Dich auf die französische Revolution usw. berufend. Das stößt bei Linken natürlich auf Widerstände, weil spätestens mit Aufkommen des Völkischen ja die Nation auch (gerade in Deutschland) ganz anders und kulturell-homogen, andere ausschließend belegt ist. Ich überlege, ob wir anstatt von ῾nationaler Souveränität῾ nicht lieber von ῾demokratischer Souveränität῾ sprechen sollten, wenn wir beschreiben wollen, worum es uns geht, bzw. von ῾einzelstaatlicher Souveränität῾, wenn wir den geologisch-politischen Rahmen beschreiben. Macht zusammen eine ῾demokratische Souveränität auf einzelstaatlicher Ebene῾. Dann hätten wir das ῾Nationale῾ mit all seinen völkischen Assoziationen außen vor. Was hältst Du davon?

Ich antwortete meinem Facebook-Freund wie folgt: "Ich denke, man kann unterschiedliche Begriffe für die gleiche Sache gebrauchen. Wir sollten uns aber nicht vorschreiben lassen, nur dieses oder jenes Wort zu verwenden und keine anderen. Gegen die Verwendung des Wortes Nation oder national spricht gar nichts. Sonst dürften wir ja auch nicht mehr von den Vereinten Nationen reden, das wäre doch aber absurd, nicht wahr? Der Begriff Nation hat weiterhin eine positive Bedeutung. Darauf sollten wir bestehen. Wir sollten zudem aufpassen, dass uns nicht von selbsternannten Wächtern der politischen Sprache Wort und Wort entwendet wird. Wahre Souveränität in der politischen Diskussion zeigt sich in der Fähigkeit, Begriffe mit den eigenen Inhalten zu besetzen und zu verteidigen. Wer dazu nicht in der Lage ist, belegt einzelne Worte mit einem Bann und fühlt sich dann auch noch anderen moralisch überlegen. Das ist aber eine vollkommen hilflose Position."  

Darauf bekam ich von ihm keine Antwort. Auch unser geplantes Treffen kam nicht zustande. Warum wohl?

Dieser kleine Mailwechsel zeigt das Problem: „No border – No Nation“ ist nicht nur eine politische Wunschvorstellung unter vielen Linken, die Formel enthält zugleich auch Sprech- ja Denkverbote. Weder über Grenzen und Nationen darf positiv gesprochen werden, und mehr noch: Über Grenzen und Nationen soll auch nicht mehr positiv gedacht werden dürfen. Beide Begriffe haben wir als positiv besetzte Worte und Werte aus unserem Sprachschatz und aus unserem Denken zu streichen. Und wer das nicht tut, der wird von einer Sprachenpolizei, die sich längst auch in linken Diskussionszusammenhängen, in linken Parteien und in linken Publikationen etabliert hat, daran unsanft erinnert. Wer dann noch  weiterhin an diesen Begriffen festhält, der wird aus der linken Gemeinschaft ausgeschlossen, geächtet und diffamiert. Er kann dann von Glück sprechen, wenn er nur totgeschwiegen wird. Und manches Mal verliert man eben die Lust daran, sich mit einem solchen Menschen zu treffen. Wie im zuvor beschriebenen Fall.

Back again!

So, liebe Freunde der heiteren Tanzmusik,

nach einer längeren "kreativen Pause" habe ich mich dazu durchgerungen, meinem alten Blog wieder etwas neues Leben einzuhauchen und in unregelmäßigen Abständen hier meine Sichtweise zu aktuellen Fragen des Zeitgeschehens zu publizieren. Natürlich werde ich auch weiterhin auf interessante Artikel zu Fragen von Politik, Ökonomie und Gesellschaft verlinken. Schwerpunkte werden Analysen und Kommentare sein.

C ya here and on the streets... :)