Dienstag, 27. Dezember 2011

Terror Nachtrag

Anbei ein Leserbrief an die Zeitschrift Analyse & Kritik, bezugnehmend auf einen Artikel von Björn Collin. Die dort geäußerten Überlegungen sind bedenkenswert und nicht nur die LINKS_Partei sindern die gesamte deutsche Linke sollte sich die mal hinter den Spiegel stecken!

Liebe Anna, liebe ak-Redaktion, 
in ak - analyse&kritik Nr. 567 vom 16. Dezember 2011 schreibt Björn Collin über die neonazistischen Kernmilieus in den neuen Ländern: 

"Dass der Charakter dieser neonazistischen Kernmilieus von den Behörden systematisch unterschätzt wurde, lässt sich am Beispiel des neonazistischen Netzwerkes Freies Netz zeigen."

Die darauf folgenden Sätze von Björn Collin sprechen jedoch eher für ein absichtliches Dulden durch die Behörden: 

"Aus den Ländern Sachsen und Thüringen heraus entwickelte sich das Freie Netz zur überregionalen, koordinierenden Kampagnenagentur, deren Organisationsprinzip auf der strategischen politischen Planung von neonazistischen Schlüsselpersonen beruhte. Die Landesregierung in Sachsen vertrat die Auffassung, die genannte Struktur verbinde nicht mehr als ein gemeinsamer Internetauftritt. Interne Dokumente belegen jedoch, dass es sich beim Freien Netz um einen organisatorischen Zusammenschluss handelt, der politische Kampagnen plante, Demonstrationen koordinierte und die gezielte Ausübung von Gewalttaten diskutierte."


Zudem: 
Mit mehr als hundert (zugegebenen) V-Leuten in der NPD und x V-Leuten  in der rechten Szene insgesamt kann von einer Unterschätzung aufgrund Kompetenzmangels, Unfähigkeit oder anderer organisatorisch-bürokratischer Defizite in den zuständigen Behörden nicht gesprochen werden. Solcherart Defizite in den Behörden/Ministerien auch nur in Erwägung zu ziehen, ist Selbstbetrug und zeugt von Unkenntnis der Strategie und der Arbeit des politischen Gegners.


Aber auch die Annahme einer aktive Duldung (z.B. amtliche Unterdrückung von strafrechtlich relevanten Informationen, Sabotage der Polizeiarbeit) würde die Vorgänge nicht erklären. Die Wahrheit ist unangenehmer: Die von den Systemparteien beherrschten Behörden/Ministerien schützen das organisierte rechte Milieu nicht nur, sondern unterstützten es. Die von den Systemparteien beherrschten Behörden/Ministerien haben den Auftrag, die Nazi-Strukturen zu schützen und zu kontrollieren. Aber nicht nur das. Die von den Systemparteien beherrschten Behörden/Ministerien haben den Auftrag, die organisierten rassistischen/fremdenfeindlichen Gruppen programmatisch und faktisch zu steuern. Bestimmte Linke sollten langsam mal beginnen, sich dieser Erkenntnis zu stellen. Welche Intentionen verfolgen staatliche Akteure damit? 


Die erste institutionelle Absicht ist die Kontrolle des gewaltbereiten fremdenfeindlich, rassistisch und/oder nationalistisch motivierten Teils der Bevölkerung. Dadurch hat man gleichzeitig die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Antifa und die Linkspartei. Es wird dadurch möglich, auch linke Systemkritik zu kanalisieren und Aktivisten zu beschäftigen und somit  zu lenken. Die linke Opposition wird hinsichtlich ihrer Ressourcen und ihrer Aufmerksamkeit politisch an eine bestimmte Auseinandersetzung gebunden. Ein Effekt ist dann, dass andere notwendige Fragen – der gesellschaftliche Hauptwiderspruch und der aktive Kampf gegen Militarismus und Imperialismus – zu kurz kommen, bzw. gar nicht mehr gewollt werden.


Wer sind eigentlich die Akteure? Dazu fehlt in Collins Text jeder Hinweis. Arbeitet doch bitte mit an einer Überwindung von Wunschdenken und linken Phantasmagorien.  Wie wäre es überdies mit einer selbstkritischen Hinterfragung der Vorstellung, wonach durch Blockaden und Besetzungen  von öffentlichen Plätzen (z.B. im Februar 2011 in Dresden) irgendwie Fortschritte im Kampf gegen Rechts erzielt werden könnten? Selbst wenn Nazi-Aufmärsche durch Blockaden verhindert werden: Nazistrukturen sind nicht auf diese Demonstrationen angewiesen, auch ohne Aufmärsche und Demos halten Nazistrukturen sich am Leben und gedeihen durch die typische Sozialstruktur, Bildungslücken, Schulschließungen, Gemeindegebietsreformen, die Verelendung, die Brutalisierung in der ostdeutschen Provinz – nachhaltig und durch amtlich-behördliche Einflussnahme. Mit Antifa-Demos gegen Rechtsterrorismus? Da war die symbolische Besetzung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in Erfurt am 15. Dezember 2011 schon sinnvoller.


Eines steht jedenfalls fest. Für die sächsischen Akteure dieses Treibens verhalten sich Die Linken wie gewünscht und vorbildlich unpolitisch. Die Partei Die Linke lässt sich offensichtlich vorführen und glaubt anscheinend, Antifa-Aktionismus sei linke Politik. Es gibt die begründete Vermutung, dass Antiglobalismus und Antiimperialismus viele Jahre in der ostdeutschen Linken keine Chance hatten, weil diese notwendige Systemkritik den Rechten überlassen wurde. Oder überlassen werden wollte? Auch das wäre im Interesse der Akteure in den Sümpfen (Konzerne, Nato, Systemparteien).


Sorry für die deutlichen Worte

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