Freitag, 18. November 2011

Zum Antifaschismus der herrschenden Klasse in Zeiten der „Systemkrise“

Zwei Vorbemerkungen: Zunächst, „DIE HERRSCHENDE KLASSE“ ist natürlich eine Abstraktion. Es gehört zum Elementarwissen, daß sich die herrschende Klasse in Fraktionen und Gruppen differenziert. Innerhalb des übergreifenden Profit- und Machtinteresses ist im einzelnen Platz für höchst unterschiedliche Positionen und Taktiken. Das gilt auch in Bezug auf den Faschismus.

Eine Bemerkung verlangt auch der Wortgebrauch „Systemkrise“. Das Wort wird, nachdem es viele Jahre vergessen schien, heute inflationär gebraucht. Radikale Linke verstehen unter Systemfrage die Überwindung des Kapitalismus. Weil sie wissen, daß sie davon mindestens ein Zeitalter entfernt sind, verwenden sie den Begriff eher sparsam. Nicht so das herrschende Kapital. Für diese illustre Gesellschaft bedeutet jede Störung der Produktion von Maximalprofit (also lange vor einer akuten Gefährdung der politischen Macht) bereits Systemgefährdung und löst alle erdenklichen Gegenmaßnahmen aus.

In den 1930er Jahren hat das deutsche Kapital durchaus eine Weile gebraucht, bevor es den Faschisten die Macht übertrug. Fraktionen stritten, die einen drängten, die anderen zögerten. Man entschied sich schließlich für die nützlichen Idioten, eine – die Geschichte ist bekannt – auf Jahre hinaus glänzende Wahl. Doch dann wurde klar, trotz eines geradezu traumhaften Antikommunismus, die Schlußbilanz wird – mit Verlaub – Scheiße ausfallen. Leider ließen sich die nun schädlichen Idioten nicht einfach ausschalten. Das war die Geburtsstunde des deutschen großbürgerlich-imperialistischen Antifaschismus. „Alles muß man selber machen“, knurrte Goerdeler und – konnte es nicht. Das Datum wurde nach dem „Zusammenbruch“ unverzüglich in den Himmel der Fixsterne katapultiert und wird seitdem mindestens 1x im Jahr angebetet.

Nach einer sehr kurzen Zeit der Provisorien bediente Adenauer die Schalthebel. Er sagte: „Das passiert uns nie wieder… Faschisten sind eine tolle Sache, aber nur wenn sie unter Kontrolle bleiben“. Gesagt getan. Was dann geschah (Abs, Bütefisch, Diehl, Diem, Filbinger, Gehlen, Globke, Heusinger, Oberländer, Schleyer, Speidel usw usf ad infinito) ist kommunistisches Geheimwissen, das ich mich hüte, hier auszubreiten.
Von Stund an und bis auf den heutigen Tag sind organisierte Alt- und Neunazis ein unverzichtbarer (und in diesem Sinne konstituierender) jedoch nicht dominierender Bestandteil der als Rechtsstaat bezeichneten bürgerlichen Demokratie der BRD. Die Staatsmacht spielt virtuos mit ihren linken und rechten Handpuppen. Bisher wurde damit das Publikum dauerhaft beim gläubigen Staunen gehalten.

Manchmal braucht „die Politik“ ein wenig Wallung der Volksseele, z. B., wenn Ausländergesetze verschärft werden. Unvergessen, wie Innenminister Seiters am Vortag des Progroms von Rostock-Lichtenhagen vor Ort die Politiker und Sicherheitskräfte instruierte.

In anderer Situation, z. B., wenn die „systemischen Gefahren“ aus dem Innern der Gesellschaft heraus zunehmen, ist es nützlich, herauszukehren, wie der starke „Staat der Mitte“ sich gegen jeden Extremismus durchsetzt. Schrecklich sind all diese Gefahren der Chaoten und Extremisten und Viren, sagt das Volk, das bis zur Halskrause in den Ergüssen seiner Blödmaschinen steckt. Unsere Demokratie, – „unser Glück“, tönt Gauck – kann gar nicht wehrhaft genug sein.

Zwei rechtsextreme Mordgesellen, die hätte der Verfassungsschutz, der vorgestern in einer Radio-Diskussion als „NPD-Förderverein“ bezeichnet wurde, erfinden müssen, wenn sie sich nicht selbst umgebracht, danach angezündet und am Ende geständig überführt hätten.

Quelle: Opablog

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